In der Produktion sind mittlerweile viele Tätigkeiten automatisiert. Der Automatisierungsprozess reicht bis hin zu Robotern, die komplizierte Arbeiten zuverlässig durchführen. Aber auch in anderen Unternehmensbereichen vollzieht sich ein ähnlicher Prozess. Alle programmierbaren Aufgaben werden durch Digitalisierung mindestens unterstützt, wenn nicht ganz von der Software übernommen. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf das Personal. Zu nennen sind hier die Bereiche Personalanpassungen und Neuausrichtung.
Um Veränderungen erfolgreich umzusetzen, muss die Personalentwicklung daher einen angemessenen Stellenwert erhalten. Aber auch andere Faktoren spielen mit: Gut ausgebildete Mitarbeiter sind gesuchte Experten, die höhere Erwartungen an Führung, Work-Life-Balance, sinnvoller Arbeit und insbesondere an eigener persönlicher Entwicklung haben. Nicht nur die „Talents“ im Talentmanagement stehen im Fokus, sondern alle Mitarbeiter. Nichtsdestotrotz sollte man auch eine weitere Gruppe nicht aus den Augen verlieren: Mitarbeiter, die sich – trotz aller Angebote – einfach nicht weiterentwickeln wollen. Eine Trennung scheint hier über kurz oder lang unausweichlich. Zu beachten ist, dass bei einer Kündigung in der Regel pro Jahr der Betriebszugehörigkeit Abfindungen in Höhe eines halben Monatsgehalts und mehr anfallen.
Wie Digitalisierung erfolgreich realisiert werden kann, zeigt folgendes Praxisbeispiel:
In einem mittelständischen Unternehmen steuerte eine Innendienstmitarbeiterin im Vertrieb mit geschätzten 80 Prozent ihrer Arbeitszeit die eingehenden Aufträge und Anfragen. Durch den Einsatz eines IT-gestützten Konzepts sollte sich der Arbeitsaufwand auf dann nur noch 20 Prozent der Arbeitszeit reduzieren. In der nun frei gewordenen Zeit wollte die Vertriebsmitarbeiterin selbst mehr direkten Kundenkontakt haben. Sie wurde in die neuen Aufgaben durch Außendienstmitarbeiter eingearbeitet. Ab diesem Zeitpunkt kontaktierte sie Bestandskunden telefonisch aus dem Innendienst heraus. Im Mittelpunkt standen Vereinbarungen für eine bessere Zusammenarbeit und zusätzliche Angebote. Unternehmensergebnisse und Kundenbindung wurden nachweisbar verbessert.
Was sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren für solche Transformationen?
Der Auftrag für diesen Veränderungsprozess kommt von der Unternehmensleitung. Sie entscheidet über die Investition für das IT-Konzept und stellt die Verbindlichkeit der Maßnahmen sicher.
Ohne geeignete Tools, ohne „Denkzeuge“, ist die Transformation nicht möglich. Mit ihnen wird zuerst die Ist-Situation erfasst, also die zu bewältigenden Aufgaben, die Aufgabenverteilung im Team und die geschätzte Zuordnung der Personalkapazitäten zu den Aufgaben. Danach werden die Konsequenzen der Digitalisierung auf Arbeitsinhalte und Arbeitsverteilung geplant. In einem weiteren Schritt werden die Auswirkungen für die Mitarbeiter und das Team erfasst, Lösungen erarbeitet und schließlich umgesetzt.
Die Veränderungen müssen akzeptiert werden. Wenn Tools in schriftlicher Form vorliegen, können die Mitarbeiter damit in den Veränderungsprozess einbezogen werden. Aus Betroffenen werden Beteiligte. Sie können sowohl ihr Know-how als auch ihre Interessen einbringen.
Das Personalwesen bzw. der HR-Bereich (Human Resources) steuert die Projekte, unterstützt die Führungskräfte beim Einsatz der Tools und ist außerdem für bereichsübergreifende Lösungen verantwortlich.
Wesentliche Erfolgsgrundlage für Transformationsprozesse sind die Tools. Sie beschreiben die Denkprozesse, mit denen Veränderungsprozesse gesteuert werden. Sie verknüpfen Personal-Führung, Personal-Management und Personal-Entwicklung, denn Transformationsprozesse benötigen Know-how auf allen drei Feldern. Tools sind die Arbeitswerkzeuge für Führungskräfte. Geeignete Tools sind bekannt und haben sich im Laufe der Jahre bewährt. Sie leiten sich ab aus einem Modell, das die Funktion einer Führungskraft beschreibt: Grundsätzlich müssen Führungskräfte dafür sorgen, dass Ziele erreicht werden, gemeinsam mit fähigen und motivierten Mitarbeitern über effektive Aufgaben und Prozesse (Abb. 1)
Das Wesen der Digitalisierung ist, dass sie Aufgabeninhalte, Methoden und Prozesse verändert. Die Herausforderung besteht darin, die Ergebnisse der Veränderung mit dem bestehenden Personal zu verknüpfen. Dazu sind mehrere Schritte notwendig. Zunächst wird eine Ist-Analyse für den Bereich erstellt.
Klassische Stellenbeschreibungen verhindern Veränderungsprozesse. Warum? Sie haben zwei konzeptionelle Schwachstellen:
Es reicht aus, die Hauptaufgaben zu beschreiben, ergänzt um Detailaufgaben und spezifische Besonderheiten. Der Rest muss flexibel sein. Erfahrungen haben gezeigt, dass mit maximal 15 Hauptaufgaben die wesentlichen Arbeitsinhalte jeder Abteilung sinnvoll differenziert beschrieben werden können, um die Ziele des Bereichs zu erreichen. Erfahrungen zeigen auch, dass viele Führungskräfte große Probleme haben, Hauptaufgaben zu beschreiben. Mit der Vorgabe von maximal 15 Hauptaufgaben wird versucht, ein ähnliches Abstraktionsniveau zu erreichen (Abbildung 1)
Die Detailaufgaben geben Hinweise auf die benutzten Methoden.
Auf der Basis der Hauptaufgaben wird dann eine Aufgabenverteilungsmatrix oder Job-Matrix erstellt.
Mit der Job-Matrix werden die Hauptaufgaben mit den Arbeitsinhalten der Mitarbeiter verknüpft. Relativ einfach zu erfassen ist, welcher Mitarbeiter an welchen Hauptaufgaben arbeitet.
Bei der erstmaligen Erstellung der Job-Matrix zeigt sich häufig eine Schwierigkeit: Es soll geschätzt werden, wie lange sich ein Mitarbeiter mit welcher Hauptaufgabe beschäftigt. Es liegen jedoch meistens keine entsprechenden Messgrößen vor – heute beschrieben als Key Performance Indicator (KPI). Es ist oft schlichtweg nicht bekannt, wie viel Prozent der 100 Prozent Arbeitszeitkapazität – oder der z. B. 50 Prozent Teilzeitkapazität – ein Mitarbeiter in welche Hauptaufgabe investiert.
In diese Analyse werden nun die Mitarbeiter mit einem Workshop oder mit einem weiteren Tool einbezogen. Die vermutlich wenig begründeten ungenauen Einschätzungen des Zeitbedarfs führen oft zu Diskussionen mit Führungskräften. Es geht aber nicht darum, wie in der Produktion durch REFA- oder MTM-Methoden der Zeitbedarf für Handlungen möglichst exakt zu erfassen ist. Es werden auch nicht „Verteilzeiten“ erfasst oder die Zeiten für Gespräche, Pausen und Mittagessen, die notwendig sind, um eine ansprechende Unternehmenskultur entstehen zu lassen. Es geht darum, eine Einschätzung des Zeitbedarfs für Aufgaben von denjenigen Personen zu bekommen, die sich Tag für Tag mit diesen Aufgaben beschäftigen. Aufgaben sollen mit einem Zeitfaktor gewichtet werden, um einen ersten Eindruck zu bekommen, wo die Schwerpunkte der inhaltlichen Arbeit liegen. Dabei handelt es sich um erste Hilfsgrößen. So entsteht ein Bild von der Ist-Situation, das dann bei Bedarf präzisiert werden kann. Diese methodengestützte grobe Ist-Analyse macht oft viele Führungskräfte nachdenklich:
Nun wird eine Soll-Job-Matrix erstellt, in die alle Veränderungsvorschläge mit ihren Konsequenzen für Arbeits- und Zeit-Verteilungen einfließen. Dabei spielen nicht nur Digitalisierungsprojekte eine Rolle.
Mit dem Tool Kompetenzanalyse (Abbildung 3) können die Konsequenzen der Veränderungen zusammengefasst werden.
Die geplanten Veränderungen können dann in einem Tool zusammengefasst werden (Abbildung 4).
Die Job-Matrix ist das Schlüsselinstrument, um Veränderungen der Kombination von Aufgaben, Arbeitsmethoden und Mitarbeitern des Teams zu analysieren und umzusetzen. Der Nutzen für Führungskräfte ist groß. Da Mitarbeiter in Veränderungsprozesse einbezogen werden, ergeben sich weniger Veränderungswiderstände und das Know-how der Mitarbeiter wird genutzt. Es entsteht eine schriftlich festgehaltene „Strategie“ für Veränderungen. Arbeit und Zusammenarbeit in einer Abteilung werden durch eine „Landkarte“ der Soll-Situation visualisiert, die auch bei anderen Veränderungsnotwendigkeiten genutzt werden kann, z. B. wenn Mitarbeiter in Teil- oder Elternzeit wechseln wollen.
In einem gerade erschienenen Buch werden Hintergründe, Einführungsprozesse und Anwendungstipps für eine Job-Matrix detailliert beschrieben. Anhand von Praxisbeispielen wird gezeigt, wie deutlich die Ansatzpunkte für erfolgreiche Veränderungen mit diesen Methoden werden. Weitere 40 Tools können im Original (Word, Excel, PowerPoint) zum Download übernommen und direkt angewendet oder angepasst werden. Die Tools konkretisieren:
Gerade in mittelständischen Unternehmen gibt es einen Engpass bei Mitarbeitern im IT-Bereich. Sie sind in der Regel gut ausgelastet für Vertrieb, Einkauf und andere Funktionen IT-Lösungen an das Unternehmen anzupassen, gegen Fremdeinwirkungen zu sichern und diese Systeme dann auch mit diesen Bereichen zum Laufen zu bringen. Meistens haben auch deshalb IT-Lösungen für Personal-Entwicklung und Personal-Management eine niedrige Priorität. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, Tools zuerst auf der Basis „mittlerer IT-Technologien“ wie MS Office bereitzustellen und Erfahrungen zu sammeln. Die so erreichten Ergebnisse dienen dann als Grundlage für umfassende IT-Systeme im Personalbereich. Außerdem sind die Tools ein gutes Training der Führungskräfte für das Thema Digitalisierung. Buch und downloadbare Tools ersetzen so manches viel teureres Seminar.
Dr. Wolfgang Schröder
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