Eines lässt sich über das kommende Jahr für Unternehmen schonmal festhalten: Der Trend hin zu mehr Nachhaltigkeit und zu alternativen Arbeitsmodellen setzt sich fort. Aus dem Erfahrungsschatz der letzten Jahre konnten die Europäische Union (EU) aber auch viele Unternehmen feststellen, dass im Bereich Klimaschutz und Arbeitsrecht deutlich mehr getan werden muss, als das bisher der Fall war. So sind die größten Änderungen, die die Unternehmen 2024 erwarten, zum einen die neuen Richtlinien zum Nachhaltigkeitsbericht von der EU. Und zum anderen die allmähliche Einführung der Vier-Tage-Woche. Wir klären, was Unternehmen dabei zukünftig beachten müssen.
Ab 1. Januar 2024: Eine neue EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeit soll für mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit sorgen
Mit den Auswirkungen des Klimawandels, die durch Naturkatastrophen und Hitzewellen überall auf der Welt sichtbar werden, steigen die Anforderungen, die die Stakeholder an die Unternehmen stellen. Längst können sich große Firmen nicht mehr der Verantwortung entziehen, ihren Teil für nachhaltiges Wirtschaften und für einen schonenden Ressourcenverbrauch beizutragen. Vor allem die Kundinnen und Kunden, von deren Kaufkraft der Umsatz und damit der Erfolg eines Unternehmens abhängt, verlangen hinsichtlich der Nachhaltigkeit eines Unternehmens und seiner Produkte absolute Transparenz. Die neue EU-Richtlinie, die ab 1. Januar 2024 in Kraft tritt, soll dem zusätzliche Abhilfe schaffen, steht aber auch in der Kritik.
Was ist ein Nachhaltigkeitsbericht?
Mit einer Nachhaltigkeitsberichterstattung legen Unternehmen ihre Strategie, genauer gesagt die Corporate Sustainability Responsibility (CSR)-Strategie offen. Sie soll aufzeigen, wie sie möglichst klimaneutral produzieren und wirtschaften wollen. Der Nachhaltigkeitsbericht ist dabei Bestandteil einer wirkungsvollen Unternehmenskommunikation, die den Stakeholdern des Unternehmens Transparenz und Glaubwürdigkeit vermitteln soll. Er beinhaltet unter anderem:
- Umfassende Berichte zur Erreichung der in der CSR-Strategie festgelegten Ziele
- Die Fortschritte, die das Unternehmen bezüglich Nachhaltigkeit erreicht hat
- Hinweise zur Unternehmungsführung und Nachhaltigkeit der Lieferketten
- Meistens eine Fokussierung auf einen bestimmten Themenbereich, zum Beispiel Klimawandel, Kreislaufwirtschaft und die soziale Verantwortung in der Lieferkette
Diese Nachhaltigkeitsberichterstattung wird nun durch die EU ab dem 1. Januar des nächsten Jahres durch die Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) tiefgreifend ergänzt.
Neue Anforderungen, die vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen einiges abverlangen
Mit der neuen EU-Richtlinie CSRD wird die alte Regelung, die sogenannte Non Financial Reporting Directive (NFRD) abgelöst. Dabei zielt die neue CSRD auf die Einführung verbindlicher EU-Richtlinien und verstärkte Rechenschaftspflichten für Unternehmen bezüglich ihrer Nachhaltigkeitskriterien ab. Diese Nachhaltigkeitskriterien haben sich unter dem Begriff ESG-Kriterien etabliert. Sie umfassen laut dem Gabler Wirtschaftslexikon:
- Environment (Umwelt): Klima, Ressourcenknappheit, Wasser, Artenvielfalt
- Social (Soziales): Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Sicherheit und Gesundheit, Ernährungssicherheit, Demografischer Wandel
- Governance (Aufsichtsstrukturen): Risiko- und Reputationsmanagement, Aufsichtsstrukturen, Compliance, Korruption
Über diese ESG-Themen sollen Unternehmen nun mit der CSRD-Richtlinie noch umfassender Bericht erstatten und das sowohl retrospektiv als auch zukunftsbezogen. Dabei sollen klar definierte Nachhaltigkeitsziele und messbare Key-Performance-Indicators (KPIs) zum Einsatz kommen.
In Zukunft wird der Nachhaltigkeitsbericht als eigener Abschnitt auch ein verpflichtender Bestandteil des Lageberichts. Ebenfalls verpflichtend wird eine weitere externe Prüfung desselbigen sowie ein elektronisches Format und eine Kennzeichnung (genannt: „Tagging“) der Inhalte.
Von der neuen Regelung sind alle EU-Großunternehmen betroffen, die mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllen:
- Mehr als 250 Beschäftigte
- Mehr als 40 Millionen Euro Nettoumsatz
- Mehr als 20 Millionen Euro Bilanzsumme
Nicht-EU-Unternehmen sind betroffen, wenn sie mehr als 150 Millionen Euro Umsatz in der EU erwirtschaften sowie eine Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft in der EU besitzen.
In der Kritik steht, dass auch schon kleine und mittlere Unternehmen mit den zeit- und kostenintensiven Regelungen konfrontiert werden. Nämlich schon dann, wenn sie zwei dieser drei Kriterien erfüllen:
- Mehr als 10 Beschäftigte
- Mehr als 700 Tausend Euro Nettoumsatz
- Mehr als 350 Tausend Euro Bilanzsumme
Geschätzt wird, dass es einige Monate dauern wird, bis vor allem KMUs den Nachhaltigkeitsbericht mit ausreichender Sorgfalt fertigverfasst haben. Zeit dafür haben sie laut der gesetzlichen Frist nur bis Juli 2024.
Mit der Vier-Tage-Woche gehen die ersten Unternehmen einen weiteren Schritt in Richtung Work-Life-Balance
Was sich durch Home-Office und hybriden Arbeitsmodellen in der Corona-Pandemie schon angedeutet hatte, setzt sich 2024 indes fort. Der Trend, die Work-Life-Balance und damit die Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterbindung in Zeiten des Fachkräftemangels zu stärken, nimmt zu. Konservativere Unternehmen, die sich dieser Entwicklung entziehen wollen, sind bald, da sind sich die meisten Wirtschaftsexpertinnen und -experten einig, nicht mehr konkurrenzfähig.
2024 testet Deutschland darum sechs Monate lang die Vier-Tage-Woche, zunächst allerdings nur als Pilotprojekt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollen dabei zusammen mit den ausgewählten Unternehmen am Ende feststellen, ob die Vier-Tage-Woche für ganz Deutschland eine sinnvolle Option ist. 50 Unternehmen verkürzen dann die Arbeitszeit ihrer Angestellten ab dem 1. Februar bei gleichbleibendem Gehalt von fünf auf vier Tage. Ausgewertet wird die Pilotstudie von der Universität Münster.
Ob sich die Vier-Tage-Woche am Ende tatsächlich durchsetzen wird, ist aber ungewiss. Beim Großteil der deutschen Unternehmen, so heißt es, soll die Vier-Tage-Woche kaum umsetzbar sein. Auch hier sind es nämlich wieder kleinere und mittelständische Unternehmen, die aufgrund ihres kleineren Personals und dem damit einhergehenden Zeitmanagement in die Bredouille kommen dürften. So lässt sich für 2024 ein Fazit ziehen: bei aller Progressivität, die CSRD und die Vier-Tage-Woche versprechen, sollten vor allem die Bedürfnisse und Möglichkeiten der für den Wirtschaftsstandort Deutschland so wichtigen KMUs nicht außer Acht gelassen werden.