Gut ein halbes Jahr ist die neue Bundesregierung nun im Amt. Zeit für ein erstes Fazit. Wie haben sich Beschlüsse der Bundesregierung bereits auf Unternehmer in Südwestfalen ausgewirkt? Welche Vorhaben hat sich die Regierung außerdem auf die Fahnen geschrieben? Und welche Programme und Förderungen gibt es jetzt schon, die sich für südwestfälische Unternehmerinnen und Unternehmer lohnen? Thomas Kruber, Firmenkundenbetreuer der Volksbank in Südwestfalen, ordnet Entscheidungen und Pläne der Bundesregierung für unsere regionalen Märkte ein und gibt Tipps, was Unternehmerinnen und Unternehmer jetzt schon tun können.
Herr Kruber, wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf der Politik in Bezug auf unsere Region? Was sind Bereiche, in denen Förderung und Entlastung gerade für südwestfälische Unternehmungen zukunftssichernd wären?
Der größte Handlungsbedarf liegt darin, energieintensive Unternehmen zu entlasten, außerdem im Abbau bürokratischer Hürden und in der Förderung von Digitalisierung und Fachkräftegewinnung. Gerade für unsere mittelständisch geprägte Region sind verlässliche Rahmenbedingungen und zielgerichtete Förderprogramme entscheidend, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Sie nennen die Entlastung energieintensiver Unternehmen – was versprechen Sie sich von Maßnahmen wie der Abschaffung der Gasspeicherumlage und der Senkung der Stromsteuer für Unternehmen tatsächlich?
In Südwestfalen sind viele Unternehmen in der Metallverarbeitung, im Schmiedebereich und in der Kunststoffindustrie tätig. Diese Branchen zeichnen sich durch einen besonders hohen Energiebedarf aus. Zwar bringen die Abschaffung der Gasspeicherumlage und die Senkung der Stromsteuer eine gewisse Entlastung, jedoch fällt diese kleiner aus, als es die Parteien im Wahlkampf ursprünglich angekündigt hatten. Umstellungen auf grüne Alternativen werden vom Staat zwar gefördert, verlangen aber auch Investitionen der Unternehmen in diese Technologien. Auch Tilgungszuschüsse sind möglich, je nach Art der Investition.
Welche wirtschaftspolitischen Absichten der neuen Bundesregierung sind für Unternehmen in der Industrie- und Zulieferregion Südwestfalen besonders relevant?
Die Bundesregierung setzt auf Investitionsanreize, etwa durch degressive Abschreibungen und eine schrittweise Senkung der Körperschaftssteuer. Leider wird dies erst in ein paar Jahren deutlich, eine sofortige Lösung wäre schöner. Besser ist das staatliche Investitionssofortprogramm, welches für Südwestfalen besonders relevant ist, da es Innovationen und Transformationen erleichtern und die Infrastruktur wiederherstellen soll. Außerdem wirkt dies sofort. Dieses wird durch regionale Banken vor Ort vertrieben und kann dort beantragt werden.
Wie wirken sich die geplanten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen – etwa zur Fachkräftegewinnung oder zum Einwanderungsrecht – konkret auf mittelständische Betriebe in Südwestfalen aus?
Die Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes erleichtert die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte. Gerade diese werden dringend benötigt. Für Südwestfalen heißt das: Mehr Flexibilität beim Recruiting, insbesondere in Handwerk, Pflege und Industrie. Die Chancenkarte, welche aber eher unbekannt ist, ist ein zusätzliches Instrument für den Mittelstand. Sie erleichtert es Personen aus nicht EU-Staaten, die noch keinen festen Arbeitsvertrag vorweisen können, nach Deutschland zur Arbeitssuche einzureisen. Wer als Fachkraft anerkannt ist, in einem einschlägigen Scoringsystem mindestens sechs Punkte erlangt und seinen Lebensunterhalt für die Zeit seines Aufenthaltes sichern kann, ist für die Chancenkarte qualifiziert. Die Chancenkarte berechtigt dann, in Deutschland angekommen, zum Beispiel zur Aufnahme einer Nebentätigkeit von bis zu 20 Stunden in der Woche oder zu einem zweiwöchigen Probearbeiten. Auf diese Weise können auch Unternehmen interessante Bewerberinnen und Bewerber unkompliziert kennenlernen.
Welche staatlichen Impulse oder neuen Regulierungen sehen Sie im Bereich Digitalisierung – und wie können Unternehmen in Südwestfalen davon profitieren?
Die REGIONALE 2025, ein Projekt des Bundes, stärkt den Transfer von Digitalisierungskompetenz aus Hochschulen in die Wirtschaft. Unternehmen profitieren hier von Wissensnetzwerken, Schulungen und Technologiepartnerschaften, die regional verankert sind und Südwestfalen kennen. Zusätzlich schafft der Bund durch die KfW-Bank zinsgünstige Kredite, die Investition in den Bereich Digitalisierung ermöglichen.
Welche Förderprogramme für Transformation, Digitalisierung oder Nachhaltigkeit sind durch die neue Regierung besonders interessant – gerade für Unternehmen, die jetzt investieren möchten?
Die gerade erwähnte REGIONALE 2025 der Agentur Südwestfalen bietet beispielsweise Unterstützung für die Bereiche Digitalisierung & Nachhaltigkeit und hilft Unternehmen Fördermöglichkeiten zu erhalten. Besonders spannend sind außerdem Transformationspiloten und regionale Innovationsnetzwerke, die den Technologietransfer fördern. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass diese Programme bereits bestehen. Neue, regionsbezogene Programme, hat die aktuelle Regierung noch nicht aufgelegt, abgesehen von der Verlängerung des REGIONALE-Programms.
Bringt die Reformierung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes auch Änderungen für Unternehmen in Südwestfalen mit sich?
Die Grundidee eines Lieferkettengesetzes ist gut, doch die praktische Umsetzung lässt zu wünschen übrig. Die aktuell geplante Änderung beschränkt sich im Wesentlichen darauf, die Berichtspflichten abzuschaffen. Für Unternehmen in Südwestfalen bedeutet das jedoch: Der Verwaltungsaufwand bleibt nahezu unverändert, ebenso wie die damit verbundenen Kosten für die Überprüfung der Lieferketten.
Welche Potentiale sehen Sie im aufkommenden Bereich der künstlichen Intelligenz? Fördert die Bundesregierung diese Technologien hinreichend oder würden Sie sich hier mehr oder speziellere Maßnahmen wünschen?
KI bietet enorme Chancen – von Prozessautomatisierung bis zur vorausschauenden Wartung. Die Bundesregierung fördert KI mit 5 Milliarden Euro für eine innovationsfreundliche Umsetzung des EU AI Acts. Dieses Geld wird für den ganzen Bund investiert, regionale KI-Programme, um den Mittelstand vor Ort zu unterstützen, fehlen. KI wäre eine Möglichkeit, die Transformation der Wirtschaft in Südwestfalen voranzutreiben.
Wo sehen Sie – bei aller Herausforderung – echte Chancen für den Standort Südwestfalen unter den neuen politischen Vorzeichen?
Trotz vieler Herausforderungen sehe ich natürlich auch Chancen: Die REGIONALE 2025 bringt über 27 Millionen Euro für Projekte in Branchen, die Südwestfalen ausmachen. Südwestfalen muss sich als Modellregion für nachhaltige Industrie und digitale Transformation positionieren, hier ist KI-Technologie ein Ansatz. Hier muss „die Wirtschaft“ selbst aktiv werden, am besten mit starker Hochschul- und Unternehmenskooperation.
Was raten Sie Unternehmerinnen und Unternehmern, um sich strategisch robust und flexibel aufzustellen – auch mit Blick auf mögliche politische Kurswechsel?
Ich würde dazu raten, sich intensiv mit verschiedenen Zukunftsszenarien auseinanderzusetzen – also einer Szenarioplanung für politische und wirtschaftliche Entwicklungen. Das kann zum Beispiel durch den Steuerberater oder durch die SWF Beratung GmbH erfolgen. Außerdem lohnt es sich, gezielt in Digitalisierung und KI zu investieren, denn das ist im Grunde genommen ein Investment in die Zukunft des Unternehmens. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Netzwerkbildung, etwa durch Kooperationen mit Hochschulen, regionalen Initiativen oder jungen Unternehmen und Start-ups. So bekommt man wertvolle Impulse und einen frischen Blick von außen. Und nicht zuletzt sollte man bei den Geschäftsmodellen und Lieferketten möglichst flexibel bleiben, um auf Veränderungen schnell reagieren zu können.
Von welchen Maßnahmen abseits der Programme der Bundesregierung können südwestfälische Unternehmen nun profitieren?
Neben den Bundesprogrammen gibt es starke Initiativen vom Land Nordrhein-Westfalen oder der Region Südwestfalen. Da wäre zum einen die Arbeitgeberschmiede Südwestfalen, die Unternehmen bei der Fachkräftebindung und der Steigerung der Arbeitgeberattraktivität unterstützt. Diese Angebote sind für Betriebe aus er Region sogar kostenfrei. Außerdem trägt das Sonderprogramm Straßeninfrastruktur Südwestfalen der Nordrhein-Westfälischen Landesregierung zur Verbesserung der Verkehrswege, und somit zur Sicherung einer zukunftsfähigen Infrastruktur in unserer Region bei.
Kleine und mittlere Unternehmen sowie Freiberufler aus Südwestfalen, die durch Mehrkosten oder Umsatzeinbußen nachgewiesenermaßen durch die Sperrung der A45 betroffen sind, können zudem über ihre Regionalbank den NRW.BANK Universalkredit A 45 beantragen. Besonders attraktiv: Hier müssen nur 80% der Kreditsumme zurückgezahlt werden.
Wie können Unternehmen herausfinden, welche Maßnahmen für sie einschlägig sind?
Im Rahmen unserer Firmenkundenberatung stehen wir natürlich jederzeit gerne für individuelle Empfehlungen bereit. Hier können wir genau evaluieren, wovon unsere Kundinnen und Kunden am meisten profitieren und die passenden Schritte einleiten. Sprechen Sie uns gerne an oder vereinbaren Sie einen Termin unter vb-echt-jetzt.de.

