Am 23. Juni 2016 stimmten 51,89 Prozent der Britinnen und Briten für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union. Am 31. Januar 2020 erfolgte dann der definitive Austritt – der sogenannte Brexit wurde vollzogen. Mit ein Grund, warum für die Mehrheit der Menschen in Großbritannien es sinnvoller erschien, der EU den Rücken zu kehren, waren wirtschaftliche Überlegungen, etwa um selbstständig Handelsabkommen mit anderen Ländern abzuschließen. Doch wurden die Erwartungen drei Jahre nach dem Brexit erfüllt? Wie hat sich der Handel zwischen Südwestfalen und dem britischen Königreich in dieser Zeit entwickelt? Wir geben die Antworten darauf.


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Die Auswirkungen auf die deutsch-britischen Handelsbeziehungen

Der Brexit hat weitreichende Folgen mit sich gebracht – nicht nur für Großbritannien, sondern auch für seine Handelspartnerinnen und -partner. Hierzu zählt auch das exportstarke Deutschland. Zwar lassen sich nicht alle Auswirkungen exakt berechnen, allerdings gibt es relevante und statistische Indikatoren, die das Ausmaß erahnen lassen.


Bis 2015 hat Deutschland jährlich immer mehr Waren in das Vereinigte Königreich exportiert. 2010 waren es Waren im Wert von 58,7 Milliarden Euro, fünf Jahre später waren es 89 Milliarden Euro. Seitdem sank dieser Wert Jahr für Jahr mit einem drastischen Einbruch im Jahr des Brexit-Vollzugs: wurden 2019 immerhin noch Waren im Wert von 79,1 Milliarden Euro auf die britische Insel exportiert, sank dieser Wert im Folgejahr auf 67,1 Milliarden Euro. 2021 sank dieser Wert erneut leicht auf 66,7 Milliarden Euro.


Ähnlich sieht es mit den importierten Waren von Großbritannien nach Deutschland aus: 2010 wurden Waren im Wert von 36,6 Milliarden Euro importiert und im Folgejahr im Wert von 42,8 Milliarden Euro. Seitdem sanken die Importe auf zuletzt 28,5 Milliarden Euro im Jahr 2021. Der Brexit hat also seine Spuren im Außenhandel hinterlassen. 2022 ist Großbritannien außerdem aus den Top Ten der deutschen Handelspartnerinnen und -partner gefallen. Das Land verliert also für Deutschland zunehmend an Bedeutung, aber auf einem noch hohen Niveau.


Warum das so ist, liegt hauptsächlich daran, dass viele Punkte noch unklar sind bzw. dass der wirtschaftspolitische Post-Brexit-Kurs Großbritanniens zu Verunsicherungen bei britischen Unternehmen führt. Die bürokratischen Anforderungen im Handel sind gestiegen und die Ausstellung von Arbeitsvisa für Fachkräfte sind auch teurer und aufwendiger geworden. Und das wird sich wohl auch 2023 nicht ändern, wie die bundeseigene Gesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) prognostiziert.


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Die Handelsbeziehungen zwischen Südwestfalen und Großbritannien nach dem Brexit

Auch in Südwestfalen sieht die Handelsbilanz mit Großbritannien ernüchternd aus. Denn auch für unsere Unternehmen in der Region ist das Geschäft mit dem Inselstaat teurer, bürokratischer und damit auch aufwendiger geworden. Doch viele Unternehmen haben sich in der Zwischenzeit gut damit abgefunden und sind dem Großteil ihrer Kunden treu geblieben, wie eine Studie der Industrie- und Handelskammer (IHK) Anfang 2022 herausgefunden hat.


Demnach sind die Geschäfte 2021 gut gelaufen. Was nicht bedeutet, dass es keine Herausforderungen gegeben hätte. Insbesondere Lieferverzögerungen und -ausfälle vonseiten der britischen Kundschaft, die mangelnde Unterstützung dieser sowie der Geschäftspartnerinnen und -partner bei der Import-Verzollung, der Personalmangel sowie Probleme bei der Abfertigung wurden als Probleme genannt. Hinzu kommt, dass der Export von Produkten aus Südwestfalen nach Großbritannien zurückgegangen ist.


Insbesondere die Automobilindustrie, der wichtigste Pfeiler des deutsch-britischen Handels, kämpft mit den Brexit-Folgen. Und gerade die Automobilindustrie ist eine Schlüsselbranche in Südwestfalen. Jedoch gab es hier zuletzt auch positive Signale. Denn Prognosen gehen davon aus, dass 2023 der PKW-Markt in Großbritannien zulegen soll, was vor allem am E-Auto-Markt liegen sollte. Denn ab 2030 soll der Verkauf von Verbrenner verboten sein. Die wichtige Frage hierbei bleibt aber, ob das Vereinigte Königreich rechtzeitig und vor allem in ausreichender Anzahl sogenannte Gigafactorys bauen kann, um die nötigen Batterien für die E-Autos herzustellen.